Freunde der Städtepartnerschaft Tübingen - Ann Arbor e.V.
Friends of the City Partnership Ann Arbor - Tübingen e.V.

Reports from Ann Arbor

  • Ermutigung auf dem Bürgersteig

    Ermutigung auf dem Bürgersteig

    In vielen Vorgärten von Tübingens US-amerikanischer Partnerstadt Ann Arbor sieht man jetzt Danksagungen an die Mitarbeiter im Gesundheitsbereich. Manchmal steckt nur ein rotes Herz im Boden.
    Bild: Felix Warneken

    Corona in Tübingens Partnerstädten (1)

    In Ann Arbor sind die Fallzahlen vergleichsweise gering, im benachbarten Detroit wütet das Virus schlimmer als in New York.

    Felix Warneken, 2020

    Die Hoffnung ist nicht abgesagt“, haben Mitarbeiterinnen der Uni-Kinderklinik in Ann Arbor mit Kreide auf einen Bürgersteig gemalt, als Ermutigung und Dank an alle, die in der Corona-Krise besonders gefordert sind. Mit viel Kreativität und Eigeninitiative reagieren die Bewohner von Tübingens amerikanischer Partnerstadt auf das Virus. Restaurants, Supermärkte, Bäckereien, Gärtner, Naturkostläden haben flugs auf kontaktfreien „Curbside pickup“ umgestellt: Die Kundschaft fährt mit dem Auto vor und lässt sich die von neuen Webseiten ausgewählten Speisen oder Lebensmittel in den Kofferraum laden. Für Risikogruppen wie Ältere gibt es teilweise eigene Zeitfenster, in denen sie sicher einkaufen können. Fenster leuchten in Herzform. Ein Pizzabäcker liefert unter dem Motto „Feed the Frontline“ kostenlos Essen für Klinikpersonal, andere geben freie Mahlzeiten an Familien mit Kindern oder an Studenten aus, ein leerstehendes Hotel-Hochhaus erleuchtet nachts seine Fenster in Herzform, eine katholische Kirche bot in der Karwoche sogar eine „Drive-Thru“- Beichtmöglichkeit vom Auto aus.

    Lange sah es so aus, als würde der Staat Michigan von Corona nicht viel abkriegen. Dann aber, unmittelbar nach den Kampagnen zur Präsidentschafts-Vorwahl der Demokratischen Partei am 10. März, stieg auch hier die Zahl der Erkrankten rapide an. Vermutlich gab es auch davor schon Fälle, die undokumentiert blieben, weil es anfangs an Test-Material mangelte. Die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, erklärte sofort den Notstand. Am 11. März schlossen Universitäten und Schulen, am 16. März Bars und Restaurants, eine Woche später folgte die „Stay-at-Home“-Order, alle Einwohner sollten zu Hause bleiben.
    Detroit ist ein Corona-Hotspot. Damals waren in Michigan 1352 Corona-Fälle registriert. Mittlerweile (Stand Dienstag nach Ostern) werden in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Staat rund 26 000 Erkrankte und über 1600 Tote durch Corona gezählt, USA-weit Platz drei, hinter New York und New Jersey. Der Bezirk Washtenaw, zu dem Ann Arbor gehört, ist mit 736 Fällen und bisher 18 Toten unterdurchschnittlich betroffen. Ein Vielfaches dagegen im direkt angrenzenden Wayne County mit der Großstadt Detroit: Hier waren bisher 760 Tote zu beklagen, bei fast 12 000 Erkrankten.
    Auf die Bevölkerungszahl (680 000 Einwohner) bezogen, ist Detroit ein schlimmerer Corona- „Hotspot“ als New York. Experten führen mehrere Gründe dafür an: Dass der Flughafen mit regen Verbindungen nach China und Europa zu den wenigen zählt, die nach den von Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverboten offen blieben. Dass das dicht besiedelte Detroit einen hohen Anteil sozial benachteiligter alter und schwarzer Bewohner hat, mit schlechtem Zugang zu medizinischer Versorgung und Vorerkrankungen. Dass die vielen Industriearbeiter in der Autostadt nicht auf Home Office umsteigen können.

    Die demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer brachte es bundesweit zu Ansehen, als sie der Regierung in Washington vorhielt, lächerlich wenig medizinische Schutzkleidung und Beatmungsgeräte bereit zu stellen. US-Präsident Donald Trump setzte die 48-Jährige daraufhin öffentlich als „diese Frau aus Michigan“ herab, die „keinen Schimmer“ habe. Whitmer wird nun als mögliche Vize des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden gehandelt.

    Bis Mittwoch dieser Woche galt die hohe Regel-Disziplin der „Michiganders“ in der Krise als beispielhaft. Da fuhren mehrere tausend Autos vor dem Kapitol in der Hauptstadt Lansing zu einer Demonstration gegen die „Stay-at-Home-Order“ auf, einer Protest-Aktion von existenzgefährdeten Kleinunternehmern, organisiert von einer konservativen Vereinigung. Im Schatten von Corona befindet der Gemeinderat von Ann Arbor zur Zeit in Online- Sitzungen über einen neuen kommunalen Nachhaltigkeitsplan. Carolyn Melchers, Tübingerin aus Ann Arbor, hofft, dass er bald verabschiedet wird. „Dieses wichtige Klimaschutz-Paket darf neben Corona nicht untergehen,“ sagt sie.

    Im Mai wurde eine größere Delegation aus Ann Arbor in Tübingen erwartet, um sich mit der Stadtverwaltung über die Klimaschutzprogramme auszutauschen. Dieser Besuch ist nun aufgeschoben.

    Die Universität of Michigan im Online-Stress

    Der Tübinger Felix Warneken ist Professor für Entwicklungspsychologie an der University of Michigan in Ann Arbor, die mit über 40 000 Studierenden die Stadt prägt. Am Telefon berichtete er dem TAGBLATT über die Auswirkungen der Corona-Restriktionen auf die Uni.

    Der Shutdown am 11. März kam nur zwei Tage, nachdem die Studierenden aus den Frühlingsferien (Spring Break) zurückgekehrt waren, mitten im Semester. Alle Studierenden in Wohnheimen, also vor allem die jüngeren, mussten sofort ihre Zimmer räumen und nach Hause fahren. In kürzester Zeit musste der gesamte Lehrbetrieb auf Online umgestellt werden. Am 16. März ging die Lehre digital weiter. „Anfangs sicher noch etwas holprig“, räumt Warneken ein. „Es war ein Riesen-Stress für alle, Professoren, Tutoren, Studenten.“ Auch das Sommer-Semester wird noch online ablaufen. „Die Hoffnung ist, dass es im September mit dem neuen Studierenden-Jahrgang dann wieder normal weitergeht.“

    Forschungsaktivitäten wurden – abgesehen von laufenden Experimenten – innerhalb einer Woche eingestellt. Die Uni bot aber Infrastruktur für Corona-Forschung an. Von verschiedenen Institutionen und Stiftungen wurden sofort „Rapid Response Grants“ ausgelobt, Forschungsgelder für rasch anlaufende Projekte rund um Covid-19. Die Wissenschaftler organisieren sich für die Bewerbungen in virtuellen Townhall-Meetings (Konferenzschaltungen).

    Die gemeinschaftsstiftenden Rituale des amerikanischen Studienjahrs entfallen vorerst: kein „March Madness“ (Hochschul-Basketball-Turnier), kein Commencement (Graduierten-Feier mit Talaren und Troddelhüten), kein Football im gößten Stadion der Nation. „Man lebt sehr isoliert und erlebt gar nicht richtig, was gerade so läuft“, beschreibt Warneken die aktuelle Befindlichkeit in der Stadt. Nur in den Parks herrsche Hochbetrieb, bei gleichzeitiger Abstandswahrung. Der Psychologe bemerkt „einen neuen Wettbewerb um den Raum“.

     

     

  • Carolyn Grawi honored for her services

    Carolyn Grawi honored for her services

    Carolyn Grawi: Eine Brückenbauerin für Menschen mit Behinderung wird zum Abschied geehrt

    Wie die Ann Arbor News meldet, wird Carolyn Grawi ihren Posten als Direktorin des Ann Arbor Center for Independent Living (AACIL) aufgeben. Die Freunde der Städtepartnerschaft Tübingen – Ann Arbor und die Tübinger Lebenshilfe verlieren damit eine verlässliche und begeisterungsfähige Partnerin für den Austausch.

    Carolyn Grawi arbeitete seit 1987 für das AACIL, eine gemeinnützige Organisation für die Verbesserung des Alltagslebens von Menschen mit Behinderung. Seit 2014 war sie dessen Direktorin.

    Unter ihrer Leitung und mit ihrer aktiven Unterstützung kam 2015, im 50. Jahr der Städtepartnerschaft, ein Austauschbesuch von Menschen mit Behinderung zwischen Tübingen und Ann Arbor zustande. Carolyn Grawi begleitete die Gruppe aus Ann Arbor bei ihrem Gegenbesuch in Tübingen im Herbst 2015. Beide Begegnungen waren sehr gelungene Projekte, bei denen schöne Beziehungen entstanden.

    Der Bürgermeister von Ann Arbor Christopher Taylor würdigte das Wirken von Carolyn Grawi, indem er den 8. Januar zum „Carolyn-Grawi-Tag“ in Ann Arbor erklärte. Von der Kongressabgeordneten Debbie Dingell (Demokratische Partei) wurde Grawi für ihre langjährige Arbeit für das Gemeinwohl mit dem „Congressional Award“ geehrt, einer Auszeichnung des amerikanischen Bundesparlaments.

    Grawi verlässt das AACIL, weil sie über die neue Gestaltung ihrer Leitungsposition keine Einigung erzielen konnte. Sie wird in Kürze eine neue Arbeitsstelle außerhalb von Michigan antreten.

    Link zum Video "Austausch Lebenshilfe"